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Poetry Spam: “Nächstenliebe-Unterstützung”

Es ist einmal wieder an der Zeit, sich mit einer der schönsten Arten moderner Lyrik zu befassen: Spam. Tolle Themen und Anlässe gab es da um die Weihnachtszeit – doch es ist auch jetzt nicht zu spät für die Nächstenliebe: “Nächstenliebe-Unterstützung” – so lautet die Betreffzeile einer E-Mail, die ich kürzlich von Rod erhalten habe, der offenbar Händler – oder vielleicht auch ein “Handler” ist (“Mein Name ist Rod Thompson, ein Hдndler.”)

E-Mail von Rod Thompson:

E-Mail von Rod Thompson: “Nдchstenliebe-Unterstьtzung”

Reich – aber leider nie großzügig 

Rod wurde “Speiseruhrenkrebs” diagnostiziert und er wird – Poetry-Spam-Interessierte werden es schon ahnen – demnächst sterben. Um genau zu sein, bleiben ihm lediglich “ein paar Monate um nach medizinischen Experten zu leben”. Und er trägt ein schweres Laster: Er hat sich sein Leben lang aufs Geschäft konzentriert und ist sehr reich – aber leider war er noch nie großzügig. Das ist die einzige Sache, die er jetzt schwer bereut, denn nun weiß er, dass es mehr gibt auf der Welt, als immer nur haben-wollen und Geld. Würde Rod jetzt eine zweite Chance von Gott bekommen, würde er alles ganz anders machen.

Kein Verlass auf die Verwandtschaft

Um Gott gnädiger zu stimmen, hat Rod beschlossen, “Almosen an wohltätige Organisationen zu geben” – dies soll eine der letzten guten Taten auf Erden werden. Es gibt nur einen kleinen Haken: “Da meine Gesundheit so schlecht verschlechtert, kann ich dies nicht selbst nicht mehr”. Und da wäre noch das “Familienproblem”, das uns schon aus aus tragischen Lebensgeschichten wie der von Luisa Fritzmann oder Schwester Ibrahim bekannt ist. Denn Rod berichtet: “Einmal fragte ich Mitglieder meiner Familie zu einem meiner Konten zu schließen und verteilen das Geld and karitative Organisationen”. Doch anstatt wie von ihrem Verwandten gewünscht, ließen sie das Geld nicht etwa Organisationen in Bulgarien und Pakistan zukommen – sondern weigerten sich und behielten das Geld einfach für sich! Auf sie ist also kein Verlass.

“Lagerstätte” Niederlande als Retter in der Not

Das letzte bisschen Geld, das Rod noch zur Verfügung hat (“sechs Millionen Euro nur”) und von dem bis jetzt offenbar niemand weiß, liegt bei einem Finanzinstitut in den Niederlanden. Nun liegt es an mir, diese “Lagerstдtte” zu sammeln und das Geld endlich den Wohltätigkeitsorganisationen zukommen zu lassen, die schon so lange vergeblich auf Rods finanzielle Unterstützung warten. Für mich und die Zeit, die ich für diesen kleinen Gefallen aufbringen müsste, hat Rod immerhin 15 Prozent der Summe “eingestellt”.

Selbstverständlich stellt sich für Rod überhaupt nicht die Frage meiner Bereitschaft zur “Nächstenliebe-Unterstützung”. Denn schon im ersten Satz stellt er klar: “Wie Sie dies lesen, ich will dich, berьhrt zu werden, weil ich glaube jeder wird eines Tages sterben.” Meine Antwort (auf Englisch) erwarte er zeitnah in seinem privaten E-Mail-Postfach…